Bild Praxis Dr. Karpienski

Plantarfasziitis und Fersensporn – wann hilft eine Operation wirklich?

Viele Menschen leiden unter stechenden Schmerzen an der Ferse, besonders morgens beim ersten Aufstehen. Häufig hören sie vom Arzt den Begriff „Fersensporn“ – und denken, das sei die Ursache der Beschwerden.
Tatsächlich steckt jedoch meist eine Plantarfasziitis dahinter – also eine Reizung oder Überlastung der Plantarfaszie, einer kräftigen Sehnenplatte unter dem Fuß, die das Längsgewölbe stützt.

Audiozusammenfassung*

Der Fersensporn, den man auf dem Röntgenbild sieht, ist keine Krankheit an sich, sondern nur ein Knochenanbau an der Ansatzstelle der Sehne. Er entsteht oft als Folge der chronischen Zugbelastung durch die Plantarfasziitis – sozusagen als Reaktion des Körpers auf dauerhaften Zug.
Viele Menschen haben einen Fersensporn, ohne Schmerzen zu haben. Die Schmerzen entstehen also nicht durch den Sporn selbst, sondern durch die gereizte oder entzündete Sehnenplatte.

Zum Glück heilen die meisten Fälle von Plantarfasziitis ohne Operation – etwa 90 % der Betroffenen werden durch konservative Behandlung wieder beschwerdefrei. Nur bei rund 5 % ist am Ende eine Operation notwendig.


Warum eine Operation selten nötig ist

Die Plantarfaszie verbindet die Ferse mit den Zehen und stabilisiert den Fuß beim Gehen und Stehen. Wird sie durch Fehlbelastung, falsches Schuhwerk, Übergewicht oder verkürzte Wadenmuskeln übermäßig beansprucht, entstehen kleine Mikroverletzungen, die schmerzhaft sein können.

Mit Ruhe, gezielten Übungen und angepasster Belastung heilt das Gewebe meist von selbst. Erst wenn nach 6 bis 12 Monaten intensiver konservativer Therapie keine Besserung eintritt, wird über eine Operation nachgedacht.


Was hilft vor einer Operation

Die wichtigste Grundlage jeder Behandlung ist, die Spannung auf der Sehnenplatte zu reduzieren und die Belastung zu optimieren. Dafür gibt es viele wirksame Maßnahmen:

1. Dehnübungen

Besonders wirksam ist das gezielte Dehnen der Plantarfaszie und der Wadenmuskulatur.
Eine einfache Übung: Im Sitzen den Fuß auf das andere Knie legen, die Zehen nach hinten ziehen, bis man die Spannung unter dem Fuß spürt, und etwa 10 Sekunden halten. Mehrmals täglich wiederholen.

Studien zeigen, dass regelmäßiges Dehnen die Schmerzen deutlich reduziert und die Beweglichkeit verbessert.

2. Kräftigungsübungen

Neben dem Dehnen ist kräftigendes Training wichtig. Dabei werden die Waden- und Fußmuskeln gestärkt, um die Faszie zu entlasten. Besonders wirksam sind langsames Wadenheben und Übungen für die kleinen Fußmuskeln.
Diese Programme nennt man „High-load-Training“ und sie gelten heute als fester Bestandteil moderner Therapie.

3. Einlagen und Taping

Einlagen können helfen, den Druck besser zu verteilen und die Faszie zu entlasten. Sie sollten gut angepasst und regelmäßig überprüft werden.
Tapes – sogenannte Low-Dye-Tapes – unterstützen den Fußbogen und können Schmerzen vorübergehend lindern.

4. Nachtschienen

Manche Betroffene profitieren von Nachtschienen, die den Fuß in einer leichten Dehnstellung halten. Dadurch wird die Faszie während des Schlafs sanft gedehnt, was den morgendlichen Schmerz reduziert.

5. Stoßwellentherapie oder Injektionen

Wenn konservative Maßnahmen über Monate nicht helfen, können Stoßwellenbehandlungen oder Injektionen (z. B. mit Eigenblut oder Kortison) eine Option sein.
Kortison kann kurzfristig gut wirken, birgt aber Risiken wie Risse in der Faszie oder Fettgewebsabbau. Eigenblut (PRP) wirkt langsamer, aber hält oft länger an.


Wann eine Operation in Frage kommt

Eine Operation wird nur dann empfohlen, wenn:

  • alle konservativen Maßnahmen über mindestens 6–12 Monate keine ausreichende Besserung bringen,
  • die Schmerzen die Lebensqualität deutlich einschränken,
  • und andere Ursachen (z. B. Nervenprobleme oder systemische Erkrankungen) ausgeschlossen sind.

Häufige Operationsmethoden

  1. Plantarfasziotomie:
    Dabei wird die Sehnenplatte an der Ferse teilweise durchtrennt, um die Spannung zu verringern.
    • Vorteil: Entlastung der Faszie.
    • Nachteil: Risiko für Fußgewölbeschwäche, anhaltende Schmerzen oder Nervenverletzungen.
    • Heilungszeit: 6 Wochen bis mehrere Monate.
  2. Verlängerung des Wadenmuskels (Gastrocnemius-Release):
    Diese Methode zielt auf die Ursache ab, wenn eine verkürzte Wadenmuskulatur die Faszie übermäßig spannt.
    • Vorteil: Weniger Komplikationen, schnellere Heilung.
    • Nachteil: In seltenen Fällen leichte Kraftminderung im Muskel.
    • Heilungszeit: meist 3–5 Wochen.

In wissenschaftlichen Übersichten schneidet die Wadenmuskel-Verlängerung insgesamt besser ab als die Plantarfasziotomie, weil sie gezielter und schonender ist.


Was nach der Operation wichtig ist

Egal, welche Operation gewählt wird – ohne Nachbehandlung geht es nicht.
Nach der OP müssen Betroffene:

  • die Wunde pflegen und den Fuß langsam wieder belasten,
  • mit gezielten Physiotherapieübungen Beweglichkeit und Kraft zurückgewinnen,
  • Einlagen und Schuhwerk regelmäßig anpassen lassen,
  • und weiter Dehn- und Kräftigungsübungen machen, um Rückfälle zu verhindern.

Die vollständige Heilung dauert oft mehrere Monate.


Die Rolle von Podologinnen und Podologen

Podologinnen und Podologen sind keine Physiotherapeuten – sie behandeln keine Muskeln oder Gelenke –, aber sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Entlastung und Prävention.
Sie können:

  • Druckstellen und Hornhaut entfernen,
  • Polsterungen und Fersenringe anpassen,
  • auf passendes Schuhwerk achten,
  • und helfen, Fehlbelastungen frühzeitig zu erkennen.

Durch diese Maßnahmen wird die Belastung auf die schmerzende Stelle verringert, was die Heilung unterstützt und neue Beschwerden verhindern kann.


Fazit

Ein Fersensporn ist oft nur ein Zeichen, nicht die eigentliche Ursache der Schmerzen. Die wahre Ursache ist fast immer eine überlastete Plantarfaszie.

In den allermeisten Fällen helfen konservative Maßnahmen – Dehnen, Kräftigen, Einlagen, Taping, Stoßwellentherapie – deutlich besser und sicherer als eine Operation.

Erst wenn all das nach einem Jahr keine Wirkung zeigt, kann eine Operation sinnvoll sein.
Dann ist die Wadenmuskel-Verlängerung meist die schonendere Wahl gegenüber der klassischen Durchtrennung der Faszie.

Ganz gleich, ob konservativ oder operativ – entscheidend ist die konsequente Nachsorge mit Physiotherapie, podologischer Betreuung und gutem Schuhwerk.


Quellen

  1. Martin RL et al. Heel Pain—Plantar Fasciitis Clinical Practice Guideline (CPG). J Orthop Sports Phys Ther. 2023.
  2. Rathleff MS et al. High-load strength training improves outcome in patients with plantar fasciitis. Scand J Med Sci Sports. 2014.
  3. DiGiovanni BF et al. Plantar fascia-specific stretching exercise improves outcomes in chronic heel pain. J Bone Joint Surg Am. 2003.
  4. Orchard J. Plantar fasciitis. BMJ. 2012.
  5. Maskill JD et al. Gastrocnemius recession for chronic plantar fasciitis: a systematic review. Foot Ankle Int. 2010.
  6. Huang YC et al. Effectiveness of gastrocnemius recession for plantar fasciitis: a systematic review. PLoS ONE. 2022.
  7. Uden H et al. A systematic review of conservative treatments for plantar heel pain. Br J Sports Med. 2011.
  8. Thomas JL et al. The diagnosis and treatment of heel pain: clinical practice guideline. J Foot Ankle Surg. 2010.

*Audiozusammenfassung: notebooklm.google.com

Index