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Nagelpilz – Ein Leitfaden zur erfolgreichen Behandlung nach aktuellen Leitlinien

Nagelpilz, medizinisch als Onychomykose bekannt, ist die häufigste Nagelerkrankung und betrifft vor allem die Zehennägel, kann aber auch an den Fingernägeln auftreten. Viele Betroffene empfinden die verfärbten, verdickten oder brüchigen Nägel als kosmetisch störend und schämen sich dafür.

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Doch die Behandlung ist weit mehr als eine Frage der Ästhetik. Unbehandelt verschwindet Nagelpilz nicht von allein, sondern kann chronisch werden und sich ausbreiten. Zudem ist er ansteckend – sowohl für andere Nägel als auch für andere Menschen in Ihrem Umfeld, etwa in der Familie oder im Schwimmbad. Die gute Nachricht lautet jedoch: Onychomykose ist heilbar, und eine Behandlung ist in jedem Alter möglich und sinnvoll.

Schritt 1: Die richtige Diagnose – Warum ein Arztbesuch wichtig ist

Bevor eine Behandlung beginnt, ist eine gesicherte Diagnose unerlässlich. Nicht jede Nagelveränderung ist ein Pilz. Die deutschen Behandlungsleitlinien empfehlen daher eine ärztliche Untersuchung durch einen Haut- oder Hausarzt. Um sicherzugehen, wird in der Regel eine Nagelprobe entnommen und auf Pilzerreger untersucht (mittels Mikroskopie, Kultur oder PCR-Test).

Schritt 2: Die passende Therapie – Abhängig vom Schweregrad

Die Wahl der richtigen Behandlungsmethode hängt davon ab, wie stark der Nagelpilz ausgeprägt ist.

  • Leichter Befall: Ist weniger als 40 % der Nagelfläche betroffen und die Nagelwurzel (Matrix) frei, reicht oft eine rein lokale Behandlung aus. Hierfür werden medizinische Nagellacke, Cremes oder Lösungen mit Wirkstoffen wie Ciclopirox, Amorolfin oder Bifonazol verwendet.
  • Mittelschwerer bis schwerer Befall: Wenn mehr als 40 % des Nagels, mehrere Nägel oder die Nagelmatrix betroffen sind, ist eine Kombinationstherapie der Goldstandard. Dabei werden Tabletten (z. B. mit Terbinafin oder Itraconazol) mit einer lokalen Behandlung (Lack oder Lösung) kombiniert. Diese Kombination erzielt nachweislich höhere Heilungsraten als eine alleinige Therapie.

Das Fundament des Erfolgs: Die mehrstufige Lokaltherapie

Unabhängig davon, ob Tabletten eingenommen werden oder nicht, ist die lokale Behandlung die Basis für den Erfolg. Ihr Ziel ist es, den Pilzerreger mitsamt seiner Sporen im Nagelbett vollständig zu beseitigen. Diese Therapie lässt sich wie eine Pyramide in vier wesentliche Schritte unterteilen:

1. Entfernung des befallenen Nagelmaterials

Damit die Wirkstoffe tief eindringen können, muss die infizierte, kranke Nagelsubstanz zunächst entfernt werden.

  • Professionelles Abfräsen: Die effektivste Methode ist das Abtragen des Nagels durch einen Arzt oder Podologen mittels einer Fräse. Dies öffnet auch hartnäckige Pilznester („Spikes“) und verbessert die Heilungschancen signifikant.
  • Harnstoff-Behandlung: Eine schmerzfreie und fast ebenso wirksame Alternative für zu Hause ist die Anwendung einer 40%igen Harnstoffsalbe oder eines Gels. Diese weicht selektiv nur das kranke Nagelmaterial auf, während gesunde Teile unberührt bleiben. In Kombination mit lokalen Antimykotika können so Heilungsraten von 50–60 % erreicht werden.

2. Anwendung von Antimykotika

Nachdem der Weg freigemacht wurde, werden antimykotische Lösungen, Tinkturen, Sprays oder Cremes aufgetragen. Wirkstoffe wie Bifonazol, Ciclopirox oder Sertaconazol wirken breit und können dank ihrer speziellen Zusammensetzung (Kapillareffekt) gut in den Nagel eindringen. Studien zeigen für bestimmte Wirkstoffe Heilungsraten von bis zu 50 %.

3. Konsequenz und Geduld (Compliance)

Die Behandlung von Nagelpilz ist ein Marathon, kein Sprint, da Nägel nur langsam wachsen. Therapietreue ist entscheidend, denn bei Behandlungsabbrüchen sinkt die Heilungsrate auf unter 20 %. Helfen können dabei:

  • Ein schriftlicher Behandlungsplan vom Arzt.
  • Eine monatliche Fotodokumentation, um den Fortschritt sichtbar zu machen und motiviert zu bleiben.

4. Begleitenden Fußpilz immer mitbehandeln

Sehr oft tritt Nagelpilz zusammen mit Fußpilz (Tinea pedis) auf. Um eine ständige Wiederansteckung der Nägel vom Fuß aus zu verhindern, muss der Fußpilz konsequent mitbehandelt werden. Dies geschieht meist über zwei Wochen mit antimykotischen Cremes oder Sprays. Eine erfolgreiche Mitbehandlung senkt die Rückfallquote des Nagelpilzes deutlich.

Was nicht empfohlen wird: Veraltete und experimentelle Methoden

Die aktuellen Leitlinien raten von bestimmten Verfahren ab:

  • Chirurgische Nagelentfernung: Gilt als veraltet, traumatisch und schmerzhaft. Sie birgt Risiken wie Infektionen oder Nagelverformungen und bietet keine nachhaltigen Vorteile.
  • Laser- und Lichttherapie: Diese Methoden sind zwar vielversprechend, können die widerstandsfähigen Pilzsporen aber (noch) nicht zuverlässig beseitigen. Aufgrund der widersprüchlichen Studienlage und hoher Rückfallquoten werden sie in den Leitlinien nicht als Standardtherapie empfohlen.

Fazit: Mit der richtigen Strategie zum Erfolg

Nagelpilz ist hartnäckig, aber besiegbar. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer ärztlich gesicherten Diagnose, einer auf den Schweregrad abgestimmten Therapie und vor allem Ihrem Durchhaltevermögen. Kombinieren Sie die professionelle Vorbereitung des Nagels mit einer konsequenten Anwendung der Medikamente und vergessen Sie nicht die begleitende Hygiene (Socken bei 60 °C waschen, Schuhe desinfizieren). So haben Sie die besten Chancen, den Pilz dauerhaft loszuwerden und sich wieder über gesunde und schöne Nägel zu freuen.


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*Audiozusammenfassung: notebooklm.google.com

Bild: Dr.Karpienski

Dr. med. Herbert Karpienski

Herbert Karpienski ist Facharzt für Anästhesiologie, führt seit 1996 ambulante Narkosen durch und war bis 2020 über zehn Jahre im Rettungsdienst tätig. 2014 erwarb er das Zertifikat Leitender Notarzt. Zudem beschäftigt er sich mit podologischen Themen und bildet sich darin kontinuierlich fort.

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