Viele Eltern erschrecken, wenn sie bemerken, dass ihr Kind mit „eingeknickten“ Fersen steht oder die Füße beim Gehen nach innen fallen. Doch in den allermeisten Fällen ist das kein Grund zur Sorge.
Ein Knick-Senkfuß (medizinisch: Pes planovalgus flexibilis) bedeutet:
- die Ferse kippt leicht nach innen,
- das innere Fußgewölbe scheint abgeflacht,
- und der Innenrand des Fußes berührt stärker den Boden.
Das sieht von hinten manchmal so aus, als würden die Fersen schräg stehen oder als hätte der Fuß eine kleine „Beule“ nach innen.
Wichtig: Bei Kindern handelt es sich dabei fast immer um eine normale Entwicklungsphase und nicht um eine Krankheit.
Warum Kinderfüße so aussehen dürfen
Kinderfüße sind keine Mini-Ausgabe von Erwachsenenfüßen – sie entwickeln sich Schritt für Schritt.
In den ersten Lebensjahren:
- sind die Bänder und Gelenke noch weich und elastisch,
- liegt unter der Fußsohle ein Fettpolster, das das Längsgewölbe verdeckt,
- und die Fußmuskulatur ist noch im Aufbau.
Darum wirken viele Kinderfüße flach oder eingeknickt.
Mit dem Wachstum, dem Barfußlaufen und viel Bewegung kräftigt sich die Muskulatur – und das Fußgewölbe bildet sich von selbst.
Studien zeigen:
- Etwa 97 % aller Kleinkinder haben anfangs einen Knick-Senkfuß.
- Bis zum Schulalter (ca. 6–10 Jahre) richtet sich der Fuß bei den meisten Kindern spontan auf.
- Nur weniger als 5 % behalten eine deutliche Fehlstellung im Jugendalter.
Das heißt: Ein Knick-Senkfuß bei Kindern ist normal, häufig und meist harmlos.
Wann sollte man genauer hinschauen?
Eltern sollten aufmerksam werden, wenn:
- das Kind über Fuß- oder Beinschmerzen klagt,
- die Füße unterschiedlich aussehen (einseitige Fehlstellung),
- das Kind ungern läuft oder schnell ermüdet,
- oder die Fehlstellung stärker wird, statt sich zu bessern.
Dann kann es sinnvoll sein, eine kinderorthopädische oder physiotherapeutische Untersuchung durchführen zu lassen.
Oft reicht schon ein einfacher Zehenstandtest:
Kann das Kind auf die Zehen gehen und richtet sich dabei die Ferse auf, ist der Fuß beweglich und flexibel – also entwicklungsbedingt und unbedenklich.
Bleibt die Ferse schief, könnte eine genauere Abklärung sinnvoll sein.
Was Eltern zur Unterstützung tun können
Der wichtigste „Therapieplan“ lautet: Bewegung, Bewegung, Bewegung.
| Maßnahme | Warum sie hilft | Beispiele |
| Barfußlaufen | Trainiert die kleinen Fußmuskeln, verbessert die Balance und stärkt das natürliche Gewölbe. | Auf Rasen, Sand, Erde oder Teppich – möglichst oft ohne Schuhe. |
| Spielen & Klettern | Fördert Gleichgewicht und Muskelkraft. | Balancieren, Hüpfen, Springen, auf Zehenspitzen gehen. |
| Flexible Kinderschuhe | Lassen dem Fuß Bewegungsfreiheit. | Schuhe mit biegsamer Sohle und Platz für Zehen. |
| Gesunde Bewegung im Alltag | Bewegungsmangel begünstigt schwache Fußmuskulatur. | Zu Fuß gehen, Radfahren, Toben statt zu viel Sitzen. |
Feste Stützschuhe oder harte Einlagen sind bei gesunden Kindern nicht notwendig. Sie können sogar kontraproduktiv sein, weil sie die Eigenaktivität der Fußmuskulatur bremsen.
Nur wenn ein Kind Schmerzen hat oder der Fuß steif ist, kann eine individuelle Einlage oder Physiotherapie sinnvoll sein. Das sollte aber immer ein Facharzt oder eine Fachärztin entscheiden.
Warum der Knick-Senkfuß manchmal „vererbt“ wird
Die Fußform ist teilweise genetisch bestimmt – ähnlich wie Augenfarbe oder Körpergröße.
Kinder von Eltern mit Plattfüßen oder schwachem Bindegewebe neigen daher häufiger zu einer ähnlichen Fußform.
Das bedeutet aber nicht automatisch, dass auch Probleme auftreten. Mit ausreichend Bewegung kann sich auch bei genetischer Veranlagung ein kräftiger, belastbarer Fuß entwickeln.
Wann eine ärztliche Kontrolle sinnvoll ist
Ein Besuch beim Kinderarzt oder Kinderorthopäden ist ratsam, wenn:
- Schmerzen beim Gehen oder Sport auftreten,
- der Fuß starr oder unbeweglich wirkt,
- die Fehlstellung nur einseitig auftritt,
- oder das Kind neuromuskuläre Erkrankungen oder starkes Übergewicht hat.
In seltenen Fällen kann sich hinter einem scheinbar einfachen Knick-Senkfuß eine andere Ursache verbergen (z. B. angeborene Knochenanomalien oder neurologische Störungen). Das sollte fachlich ausgeschlossen werden.
Fazit
Der kindliche Knick-Senkfuß ist in den meisten Fällen eine normale Entwicklungsvariante – kein Grund zur Sorge und kein Grund für teure Einlagen oder strenge Therapien.
Das Wichtigste für gesunde Kinderfüße ist:
- viel Bewegung,
- Barfußerfahrungen,
- und Geduld – die Natur erledigt den größten Teil von selbst.
Nur wenn Schmerzen, Steifigkeit oder deutliche Asymmetrien auftreten, sollte eine Ärztin oder ein Orthopäde einen genaueren Blick auf die Füße werfen.
So wächst aus dem vermeintlich „schiefen“ Kinderfuß meist ein völlig gesunder, stabiler Erwachsenenfuß heran.
Quellen:
- Lin et al. (2023) – Prevalence and associated factors of flexible flatfoot among schoolchildren: a cross-sectional study – BMC Musculoskeletal Disorders, 2023.
→ Bewegungsmangel und Übergewicht erhöhen das Risiko für kindliche Knick-Senkfüße deutlich. - Pfeiffer et al. (2006) – Prevalence of flat foot in preschool-aged children and its relationship with weight and age – Journal of Bone and Joint Surgery (Am.), 2006.
→ 44 % der Kinder haben flexible Plattfüße, meist ohne Beschwerden; die Mehrheit normalisiert sich bis zum Schulalter. - Harris et al. (2021) – Treatment approaches for pediatric flexible flatfoot: a systematic review – Frontiers in Pediatrics, 2021.
→ Einlagen beschleunigen die natürliche Aufrichtung nicht; Bewegung bleibt die wichtigste Therapie. - Chang et al. (2018) – Flexible flatfoot in children: a systematic review of diagnosis and management – Journal of Foot and Ankle Research, 2018.
→ Der flexible Plattfuß ist in der Regel selbstlimitierend; Intervention nur bei Beschwerden erforderlich. - AWMF (2022) – S2k-Leitlinie 187-053: Kindlicher Knick-Senkfuß – Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 2022.
→ Nationale Leitlinie: Klinische Beurteilung im Vordergrund, Bewegung fördern, keine Routine-Einlagen. - Chen et al. (2020) – Foot arch development and motor activity in children: a cross-sectional analysis – BMC Pediatrics, 2020.
→ Regelmäßiges Barfußlaufen und körperliche Aktivität fördern die Ausbildung des Fußgewölbes. - Mosca (2010) – Flexible flatfoot in children and adolescents – Journal of the American Academy of Orthopaedic Surgeons, 2010.
→ Der flexible Knick-Senkfuß ist fast immer harmlos; Operation nur bei schmerzhaften oder rigiden Formen.