Bild Praxis Dr. Karpienski

Checkliste – Diagnostik und Therapie der Onychomykose

Die Onychomykose zählt zu den häufigsten Nagelerkrankungen in der dermatologischen und podologischen Praxis. Eine strukturierte Vorgehensweise erleichtert die Diagnostik und Therapie erheblich – und verbessert gleichzeitig die Heilungschancen. Die folgende Checkliste bietet Ärztinnen und Ärzten einen praxisnahen Überblick.


1. Anamnese und Klinische Untersuchung

SchrittInhalte
Anamnese• Abklärung von Grunderkrankungen (z. B. Diabetes, pAVK). • Risikofaktoren wie Sport, Barfußlaufen, Sauna. • Erkrankungsfälle im familiären Umfeld.
Klinische Untersuchung• Befallsart bestimmen (distolateral, proximal, weiß-superfiziell). • Gesamtes Integument auf weitere Mykosen prüfen (Tinea pedum, corporis). • Differentialdiagnosen wie Nagelpsoriasis, Ekzemnägel, Traumata berücksichtigen. • Dermatoskopie erwägen. Wichtig: Bis zu 40 % der Blickdiagnosen sind falsch.

2. Mykologische Diagnostik (vor Therapieeinleitung)

BereichVorgehen
Materialgewinnung• Viele kleine Nagelpartikel (≥ 20 Späne). • Entnahme proximal an der Grenze zwischen gesundem und befallenem Nagel. • Methoden: Abfräsen, Kürette, Skalpell. • Vorherige Desinfektion mit 70 % Alkohol (optional). • Wartezeit: nach topischer Therapie 4–8 Wochen, nach systemischer Therapie 6–8 Wochen. PCR-Methoden umgehen dieses Problem.
LabordiagnostikDirektmikroskopie: KOH, TEAH oder Congorot; Fluoreszenzfärbung empfohlen. • Pilzkultur: essenziell vor systemischer Therapie, Anzüchtung auf Selektiv- und Nicht-Selektivmedium, Bebrütung 4 Wochen. • PCR: hohe Sensitivität, schnelles Ergebnis (< 48 h), auch bei negativer Kultur. • Histologie (PAS): sinnvoll bei negativem Befund trotz Verdacht.

3. Therapieplanung

ZielMaßnahmen
Behandlungsziele1. Erregereradikation (mykologische Heilung, idealerweise PCR-bestätigt). 2. Klinisch gesunder Nagel (< 5–10 % Restbefall). 3. Unterbrechung von Infektionsketten.
Adjuvante Maßnahmen• Atraumatische Nagelabtragung (z. B. 40 % Harnstoff-Paste). • Mechanisches Abtragen/Fräsen zur Wirkstoffpenetration. • Chirurgische Nagelextraktion gilt als obsolet.

4. Therapieoptionen

TherapieformIndikationen & Wirkstoffe
Lokaltherapie• Leichte bis mäßige Onychomykose (≤ 40 % Befall, max. 3 Nägel). • Ausnahme: Amorolfin bis 80 %. • Wirkstoffe: Amorolfin 5 % (1×/Woche), Ciclopirox 8 % (1×/Tag), Terbinafin (4 Wochen 1×/Tag, danach 1×/Woche).
Systemische Therapie• Indikation: mittelschwer bis schwer, Matrixbefall, Versagen der Lokaltherapie. • Kombination systemisch + topisch ist effektiver. • Laborkontrollen nur bei Leberrisiko, Co-Medikation oder Alter > 65 J. Standarddosierungen: – Terbinafin 250 mg/Tag (Zehennägel: 12 Wo.; Fingernägel: 6 Wo.). – Itraconazol (Pulstherapie oder kontinuierlich). – Fluconazol 150 mg/Woche (Zehennägel: 6–12 Mo.; Fingernägel: 3–6 Mo.).
Erregerabhängige Auswahl• Dermatophyten: Terbinafin, Itraconazol, Fluconazol. • Hefen (Candida spp.): Fluconazol, Itraconazol, evtl. Terbinafin. • Schimmelpilze: meist lokale Therapie, da systemische Therapie oft unwirksam.
SonderformenKinder: topisch bevorzugt, systemisch nur „Off-Label“ mit elterlicher Einwilligung. • Ältere/multimorbide Patienten: Niedrigdosis-Intervalltherapie (z. B. Terbinafin 3 Tage/250 mg, dann 1×/Woche).

5. Sonderfälle und Prophylaxe

ThemaMaßnahmen
Therapieversagen• An Terbinafin-Resistenz denken. • Resistenztestung im Speziallabor erwägen.
Rezidivprophylaxe• Schuhdesinfektion, Socken/Handtücher bei 60 °C. • Langzeitprophylaxe mit antimykotischem Lack (z. B. alle 2 Wochen).

Fazit

Eine erfolgreiche Therapie der Onychomykose erfordert eine exakte Diagnostik, die konsequente Kombination aus adjuvanten Maßnahmen und antimykotischer Therapie sowie eine strukturierte Rezidivprophylaxe. Durch ein standardisiertes Vorgehen können Heilungserfolge verbessert und Rezidive deutlich reduziert werden.


Quelle: AWMF Online https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-003

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